Grillfest auf der Staufenburg

Am Samstag, den 9.7.2016 fand im Garten der Staufenburg ein großes Grillfest statt, zu dem der Arbeitskreis Asyl Lichtenstein Anwohner und Kooperationspartner eingeladen hatte…

Am Samstag, den 9. Juli genossen die Gäste des AK Asyl Lichtenstein und die Flüchtlinge aus der Staufenburg bei strahlendem Sonnenschein die schöne Atmosphäre. Es gab leckeres Fleisch vom Grill und ein reichhaltiges Buffet. Ein paar der afrikanischen Bewohner packten ihre Trommeln aus und sorgten so für stimmungsvolle Musik. Gleichzeitig war dieses Fest auch ein Abschied, denn die Staufenburg wird bis Ende August geschlossen und die Bewohner in Unterkünfte in Pfullingen und Eningen verlegt. Vor allem hinsichtlich der Sprachkurse, die bislang in der Staufenburg stattfanden, aber auch der Arbeitsbeschaffung, die sehr erfolgreich war – bereits ein Drittel der Flüchtlinge in der Staufenburg hat einen Arbeits- bzw. einen Ausbildungsplatz – wird der Kontakt und die Unterstützung jedoch weiterhin erhalten werden.

 

Einer der Gäste, der sich an diesem Abend lange mit einem der  Asylbewerber in der Staufenburg unterhalten hat, fasste seine Gedanken in Worte:

Im Verlauf unseres Lebens gibt es immer wieder Veränderungen, auf die wir nicht vorbereitet sind. Eine besonders gravierende Veränderung ist die Flucht vor Gewalt und Verfolgung in ein fremdes Land. Dort wird man von den Politikern freundlich willkommen geheißen – ansonsten wird man erst mal weggeschlossen in ein Heim oder einen Container. Dazu gibt es vom Staat die gesetzlich vorgesehenen sozialen Leistungen. In dieser Unterbringung lebt man zusammen mit vielen fremden Menschen; man sucht Gleichgesinnte, die die gleiche Sprache sprechen oder den gleichen Glauben haben – und man findet Freunde und Bekannte unter den anderen Flüchtlingen und auch freundliche Menschen im neuen Gastland. Nun heißt es warten. Werde ich als Flüchtling anerkannt? Bekomme ich eine Wohnung und Arbeit und kann ich meine Familie nachholen? Das Warten dauert ein Jahr und länger und man sieht kein Licht am Ende des Tunnels. Aber es gibt zum Trost die Leidensgenossen, die man im Heim kennengelernt hat und die Helfer aus den Kirchen und Vereinen – Privatleute, die einfach selbstlos helfen, weil sie vor Jahrzehnten ein ähnliches Schicksal hatten oder einfach, weil sie helfen wollen. Eine solche Gemeinschaft von Flüchtlingen zwischen Hoffen und Bangen und eine Helfermannschaft, die selbstlos hilft, gibt es auf der Staufenburg außerhalb von Unterhausen. Nun wird diese bunt zusammengewürfelte Gemeinschaft wieder auseinandergerissen. Es war klar, dass dies nur eine Gemeinschaft auf Zeit ist, und dass jeder weiterhin seine Beziehungen zu seiner Familie hat, die irgendwo in Europa oder noch in der Heimat lebt. Trotzdem hat man auch hier seinen vertrauten Bekanntenkreis und seine tägliche Routine gefunden. Mit den neuen Bekannten muss man sich vielleicht das Zimmer, auf jeden Fall die Gemeinschaftsräume teilen, und gemeinsam versucht man, die Zeit totzuschlagen.

Die Zeit totschlagen, das ist das Schlimmste, das elende Warten – auf den Bescheid, auf das nächste Interview, auf den Pass, auf Nachricht von der Familie – warten, warten, warten. Dabei gibt es viele Flüchtlinge mit einer qualifizierten Ausbildung und dem Willen hier bei uns zu arbeiten, wenn man sie nur ließe. In der Staufenburg lebt ein Krankenpfleger aus Syrien, der liebend gerne sofort in einem Krankenhaus oder einer sozialen Einrichtung anfangen und arbeiten würde, aber er bekommt keine Erlaubnis dazu. Sein Pass liegt bei den Behörden und es geht einfach nicht weiter. Erschwerend kommt hinzu, dass er zwar in Syrien gelebt hat und von dort eingereist ist – seine Nationalität ist aber Palästinenser. In anderen Ländern in Europa und in anderen deutschen Bundesländern werden solche Fälle wesentlich schneller bearbeitet. Die Familie des Palästinensers, der vor mehr als einem Jahr aus Syrien kam, ist erst später nach Europa gekommen. Die Frau und die 3 Kinden haben in den Niederlanden nach wenigen Wochen bereits Asyl und eine Wohnung außerhalb von Amsterdam bekommen. Leider darf der Vater sie nicht einmal besuchen, da er keinen Pass hat und gegen seine Auflagen verstoßen würde.

Diese Notgemeinschaft der Flüchtlinge wird nun wieder zerrissen, weil die Staufenburg bis Ende August geschlossen wird. Und so wurde die Grillparty am letzten Samstag zu einer Art wehmütiger Abschiedsfeier. Einerseits herrscht schon wieder Aufbruchsstimmung, andererseits weiß man, dass sich auch am neuen Wohnort nichts bewegen wird – man wartet weiter und hofft und wartet. Es ist schon eine komische Situation, wir haben viele offene Arbeitsstellen, wir haben arbeitswillige Asylsuchende, die keine Sozialhilfe, sondern ihren Lohn ehrlich verdienen wollen und keiner interessiert sich dafür. Die Behörden machen Dienst nach Vorschrift, die Politiker rennen dem nächsten Hype nach und die Asylanten werden vergessen. Man kann nicht sagen, dass nichts getan wird, und dass sich nichts bewegt. Im Gegenteil, die Asylmaschinerie läuft weiter und an ihrem Tropf hängen viele Firmen und Arbeitsplätze. Es gibt viele freiwillige Helfer, die den Asylanten zur Seite stehen, aber es ist sehr schwierig, Menschen aus der sozial abgesicherten Lethargie wieder zu aktivieren und ins Berufsleben zu bringen.

Der Arbeitskreis Asyl Lichtenstein ist sehr rege und kümmert sich um jeden einzelnen Flüchtling. Einige Flüchtlinge arbeiten bereits bei örtlichen Firmen im Baubereich und im Handwerk, bei der Gemeinde und bei anderen Einrichtungen – aber das ist oft nicht abgesichert und steht manchmal auf tönernen Füßen. Wir müssen dringend neue Organisationsformen finden, um den Flüchtlingen schneller und effizient zu helfen. Unsere Gesetze und Vorschriften sind für Schönwetter gemacht und wir haben einen Orkan in unserem Land und in unserer Gesellschaft!

wn